Wie werde ich Freelancer in Deutschland?
Als Freelancer bist du dein eigener Boss und niemand kann dir etwas vorschreiben. Fast – denn der deutsche Staat will natürlich Steuern und Versicherungsbeiträge einheben. Bevor du als Freelancer in Deutschland starten kannst, musst du deshalb ein paar Behördenwege zurücklegen und Formulare ausfüllen. Gerade für Expats ist das eine große Herausforderung. Aber keine Sorge, mit unserer Anleitung findest du dich auch im deutschen Behördendschungel zurecht. Also lass uns loslegen. Wir erklären dir nun, wie du Freelancer in Deutschland wirst – Schritt für Schritt.
EU-Bürger brauchen grundsätzlich kein eigenes Arbeitsvisum. Wer von außerhalb der EU kommt, muss ein Visum im Heimatland oder in der zuständigen Botschaft beantragen. Sobald eine Arbeitsbewilligung besteht (für EU-Bürger automatisch) und du deinen Hauptwohnsitz in Deutschland hast, musst du als Freelancer in Deutschland die gleichen Schritte gehen, wie einheimische Freiberufler:
1. Freelancer sind keine Gewerbetreibenden
Als erstes muss klar sein, welchen Beruf du genau ausüben wirst. In Deutschland gibt es nämlich einen Unterschied zwischen Gewerbetreibenden und Freiberuflern (Freelancer). Die Abgrenzung zu einem klassischen Gewerbe ist dabei nicht immer eindeutig. Zuständig für die Anerkennung ob eine freiberufliche Tätigkeit ausgeübt wird, ist das Finanzamt. Als Freiberufler brauchst du kein Gewerbe anzumelden, von daher zahlst du auch keine Gewerbesteuer. Darüber hinaus besteht keine Bilanzierungspflicht.
Grundsätzlich gilt, dass Freiberufler wissenschaftliche, künstlerische, erzieherische oder schriftstellerische Tätigkeiten ausüben, die nicht der Gewerbeordnung unterliegen. Hierzu zählen gemäß § 18 Einkommensteuergesetz und § 1 des Gesetzes über Partnerschaftsgesellschaften folgende Berufe:
- Mitglieder der Rechtsanwaltskammern, Patentanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratende Volks- und Betriebswirte, vereidigte Buchprüfer (vereidigte Buchrevisoren), Steuerbevollmächtigte
- Ingenieure, Architekten,
- Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Hebammen, Heilmasseure, Diplom-Psychologen
- Handelschemiker, Lotsen, hauptberufliche Sachverständige,
- Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer und ähnliche Berufe sowie Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller, Lehrer und Erzieher
- Aushilfsmusiker, Bergführer, Bildhauer, Designer, Diätassistent, Dirigent, EDV-Berater, Erfinder, Erzieher, Fotografen, Kameramann, Künstler, Dozent, Logopäde, Magier, Marketingberater, Marktforscher, Musiker, Raumgestalter, Schauspieler, Schriftsteller, Tanzlehrer, Tanz- und Unterhaltungsmusiker, Unternehmensberater, Visagist, Werbetexter und viele weitere.
Gerade im IT-Bereich, wie zum Beispiel bei Programmierern oder Webdesignern, ist die Einstufung oft strittig. Wenn dein Beruf nicht eindeutig zuordenbar ist, lass dir am besten von einem Steuerberater helfen!
2. Registrierung beim Finanzamt
Wenn du die Frage geklärt hast, ob du als Freelancer tätig werden darfst, geht es nun zur Registrierung beim Finanzamt. Dazu musst du einen achtseitigen Fragebogen ausfüllen. Dieser heißt „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ und ist auf der Seite des Bundesfinanzministeriums online. Achtung: Wenn du den Bogen online ausfüllst, musst du oben in der Zeile zu den weiteren Blättern im Fragebogen klicken! Fertig ausgefüllt, musst du den Fragebogen online oder ausgedruckt beim zuständigen Finanzamt abgeben. Die Zuständigkeit richtet sich dabei an den Ort der Ausführung deiner Tätigkeiten (also die Büro- oder Homeoffice-Adresse).
Beim Ausfüllen solltest du Folgendes besonders beachten:
- Beschreibung deiner Tätigkeit: Diese sollte so genau wie möglich erfolgen. Führe alle Leistungen an, die du anbieten willst. So musst du dich nicht im Nachhinein mit weiteren Dienstleistungen registrieren.
- Geplante Einkünfte und Gewinne: Diese Angaben sind wichtig, da das Finanzamt damit die Höhe der Vorauszahlungen der Einkommensteuer festlegt. Außerdem musst du dich für eine Gewinnermittlungsmethode entscheiden. Für Freiberufler ist die Einnahmen-Überschuss-Rechnung üblich, bei der der Gewinn durch die Gegenüberstellung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben ermittelt wird.
- Kleinunternehmerregelung: Wenn du weniger Umsatz als 17.500 Euro im ersten Jahr und weniger als 50.000 Euro im Folgejahr machst, fällst du unter diese Regelung und du musst keine Umsatzsteuer abführen. Das spart auch bürokratischen Aufwand, weil du keine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben musst.
Nach der Registrierung beim Finanzamt erhältst du deine Steuernummer und deine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID), wenn du eine beantragt hast. Die UID benötigst du als Kleinunternehmen nur dann, wenn du Honorarnoten ins EU-Ausland stellst.
Die Steuernummer ist auf allen Rechnungen zu vermerken, die du ausstellst und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auf allen Rechnungen für Kunden außerhalb der EU. Außerdem erhältst du einen Zahlungsplan vom Finanzamt, auf dem die Höhe der zu zahlenden Einkommenssteuer vermerkt ist. Diese ist in der Regel alle drei Monate zu zahlen. Einmal im Jahr musst du die Einkommensteuererklärung – als Kleinunternehmer eine einfache Eingaben-Ausgaben-Rechnung – abgeben.
Beachte: Für einige freiberufliche Tätigkeiten gilt das Werbeverbot, es dürfen keine Produkte verkauft werden. Das gilt für digitale sowie nicht digitale Güter. Ob deine Tätigkeit unter das Werbeverbot fällt, kann dir das zuständige Finanzamt sagen.
TIPP: Dieser Link führt zu einer ausführlichen Anleitung zum Fragebogen zur steuerlichen Erfassung (in Englisch).
3. Eine Versicherung abschließen
Als Freelancer in Deutschland musst du kranken- und unfallversichert sein. Freiberufler haben immer die freie Wahl zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Bei der privaten Krankenversicherung gibt es verschiedene Tarifmodelle, je nach Versicherer. Dann hast du noch die Möglichkeit dich freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse zu versichern. Hier gilt es, die Angebote der verschiedenen Versicherer zu vergleichen und die für dich individuell beste Möglichkeit zu finden.
Als Student bekommst du oft besonders günstige Tarife. Die studentische Versicherung der gesetzlichen Krankenkasse zum Beispiel, ist mit einem Beitrag von zirka 60,00 Euro im Monat besonders günstig. Allerdings darfst du in der studentischen Versicherung der gesetzlichen Krankenkasse dauerhaft nicht mehr als 20 Stunden pro Woche arbeiten.
Eine große Ausnahme sind freiberufliche Designer, Künstler und Publizisten. Gehörst du dieser Gruppe an, kannst du in die Künstlersozialkasse. Diese fungiert vereinfacht ausgedrückt so wie ein Arbeitgeber, der den Arbeitgeberanteil deiner Versicherung bezahlt. Ob diese Variante die beste für dich ist, musst du individuell abklären.
Für manche freie Berufe ist die Mitgliedschaft in einer Kammer obligatorisch, also verpflichtend. Das sind
- Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker
- Notare, Rechtsanwälte, Patentanwälte
- Steuerberater, Wirtschaftsprüfer
- Architekten, beratende Ingenieure.
Diese sind meist in den berufsständischen Versorgungswerken, also den Kammern, (renten-)versicherungspflichtig. Einen Überblick über die Standeskammern inklusive Adressen findest du hier.
Eine gute (und seriöse) Übersicht über die Versicherungspflicht von Freelancern findest du auf der Seite des Land Sachsens.
Wenn du Schritt eins bis drei geschafft hast, kannst du in die Selbstständigkeit starten. Wir wünschen dir viel Erfolg dabei!
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