Die lustigsten und merkwürdigsten Traditionen in Italien
Linsengerichte bringen Glück, aber nur, wenn man sie an Neujahr isst. Sich als Frau an die linke Brust zu fassen, wenn jemand schlechte Nachrichten überbringt, wendet Unglück ab. Und verschüttetes Olivenöl ist Vorbote eines finanziellen Verlustes. Das zumindest sind weit verbreitete Aberglauben in Italien. Und mit diesen Schrulligkeiten ist es noch längst nicht getan. Es gibt allerlei merkwürdige, komische und ausgefallene Traditionen in Italien. Sie alle zu kennen ist so gut wie unmöglich. Denn jede Region, nein, jeder noch so kleine Ort, hat ganz eigene solcher Traditionen. Darum versteht sich dieser Beitrag nur als eine kleine Auswahl der lustigsten Traditionen in Italien.
1. Die Befana, das magischste Wesen der Weihnachtsgeschichte
Was den Deutschen der Nikolaus, ist den Italienern die Befana. Anders als der Heilige Nikolaus kommt sie aber erst nach der Geburt Jesu' in die Häuser und bringt den Kindern Süßes oder bestraft sie. Der Name Befana leitet sich ursprünglich von Epifania ab, das bei uns als Dreikönigsfest bekannt ist. Entsprechend fallen beide Feste auf den gleichen Tag, den 6. Januar.
Die Geschichte der Befana ist so lang wie außergewöhnlich, vor allen Dingen, weil sich hier unterschiedliche folkloristisch-religiöse Motive miteinander vermischen. Ihren Ursprung hat sie im fünften oder sechsten Jahrhundert vor Christus. Dort wurde ihr der Erfolg oder Misserfolg der Ernte und Einfluss auf die Jahreszeiten zugeschrieben.
Die Hexe hat in ganz Europa ähnliche Repräsentantinnen, bei uns etwa Frau Holle, in Skandinavien Frigg, in der Alpenregion Perchta oder Berchta. Die Tradition in Italien will es, dass sich über die Jahrhunderte aus einer Geistergestalt eine Hexe entwickelt hat, die die Geburt Jesu' verschlafen hat und seither immer mit Verspätung auf der Suche nach dem Jesuskind unterwegs ist.
2. Die Schlacht der Orangen von Ivrea
Keine Rücksicht auf Verluste und jeder gegen jeden. Bis an die Zähne bewaffnet begegnen sich die Einwohner der Stadt Ivrea im Piemont jedes Jahr zu Karneval auf der Straße und lassen sich zu einer hemmungslosen Schlacht der besonderen Art hinreißen: Zur traditionellen Schlacht der Orangen. Eindeutig eine der merkwürdigsten und jüngsten Traditionen in Italien.
Die Schlacht der Orangen geht auf historische Gegebenheiten im Mittelalter zurück. Dabei waren die Orangen seinerzeit aber Bohnen und wurden von der Elite von den Balkonen geworfen, um dem Volk zu Karneval "gnädigerweise" Nahrung zu spenden. Diese fühlten sich davon – zurecht – beleidigt und warfen die Bohnen geradewegs zurück auf die Balkone der Herrschenden.
Später wurden aus den Bohnen auch andere Hülsen- und Feldfrüchte, bis man irgendwann bei Orangen angekommen war. Die Schlacht der Orangen erstreckt sich über Faschingssonntag, Rosenmontag und Fastnachtsdienstag und wird jeden Tag am Nachmittag gekämpft. Dabei werden Orangen von Pferdegespännen herab und von den Menschen dahinter wieder zurückgeworfen.
3. Da muss es mit dem Teufel zugehen: Das Fest der Gehörnten
Der Name ist etwas verwirrend. Festa die Cornuti. Cornuti sind in Italien eigentlich gehörnte Ehemänner. Aber das zu feiern? Keine Sorge. Das Fest der Gehörnten bezieht sich auf Ziegenböcke. Es geht auf einen Brauch aus dem Mittelalter zurück, als die Bauern beim Fest des heiligen Martins ihre Feldfrüchte und Schlachtprodukte angeboten haben.
Statt findet diese eigentümliche Tradition in Santarcangelo in der Romagna. Immer am 11. November. Dazu werden auf der Haupt-Piazza der Stadt überdimensionale Hörner angebracht. Wer darunter hindurch schreitet kann sich auf Glück oder Unglück im nächsten Jahr einstellen. Wenn die Hörner wackeln und scheinbar nicken, bringt es dem Hindurchlaufenden Unglück.
Das Fest der Gehörnten ist gleichzeitig das Fest der Liedermacher und so sorgt man am 11. November in Santarcangelo dafür, dass die Besucher in den Genuss lokaler Melodien und Gesänge kommen. Ebenso wie in den Genuss der typisch romanoglischen Piadinas. Hierzu gibt es auch einen Wettbewerb, bei dem die beste hausgemachte improvisierte Piadina gewinnt.
4. Das Palio dell'Assunta in Siena
Eine der bekanntesten Traditionen in Italien ist der 15. August. Dann wird bundesweit Ferragosto gefeiert. Ein Fest, das auch die alten Römer zurückgeht und mittlerweile so ausgedehnt ist, dass der komplette August ein traditioneller Ferienmonat ist. Läden, Ämter und öffentliche Einrichtungen sind dann geschlossen oder auf Mindestbetrieb besetzt.
In Ergänzung zu Ferragosto am 15. wird in Siena am 16. August ein traditionelles Pferderennen zu Maria Himmelfahrt ausgetragen. Seit dem Mittelalter treten Pferd und Reiter aus den 17 Stadtteilen Sienas in einem Rennen auf einem 300 Meter langen Rundkurs um die Piazza del Campo gegeneinander an. Drei Runden lang müssen Pferd und Reiter alles geben.
Das geht soweit, dass sogar schon Tiere verendet sind. Trotz der Kritik halten die Einwohner Sienas an dieser Tradition fest und begehen sie jedes Jahr am 16. August aufs Neue. Vor dem Rennen findet ein Umzug statt, bei dem die Bewohner in mittelalterlicher Kleidung auftreten. Die Kleidung und Wappen repräsentieren jeweils einen der 17. Stadtteile.
5. Die Sartiglia di Oristano auf Sardinien
Auch wenn die Sarden meinen, sie wären eigentlich keine Italiener, soll ihre traditionelle Sartiglia di Oristano an dieser Stelle doch zu den Traditionen in Italien gezählt werden. Auch dieses Pferderennen blickt auf eine lange Geschichte. Es ist seit dem 16. Jahrhundert belegt und fand zu Ehren Kaiser Karls V. erstmalig statt.
Die Sartiglia di Oristano ist teil eines Karnevalsbrauches und wird entsprechend zwischen Faschingssonntag und Fastnachtsdienstag im historischen Stadtzentrum von Oristano ausgetragen. Bei diesem Wettbewerb geht es aber eher um technische Fertigkeiten als um die Schnelligkeit von Pferd und Reiter wie das etwa beim Rennen von Siena der Fall ist.
Die Sartiglia di Oristano ist eher ein Ritterfestspiel, bei dem Sterne mit der Lanze aufgespießt werden müssen und die Reiter in historische Kostüme gehüllt, mit Veilchen und Brautschleiern behängt werden und einen Hut tragen müssen. Das sogenannte Stechen der Sterne soll Glück bringen und eine erfolgreiche Ernte garantieren.
6. Der Flug des Engels – Volo dell'Angelo
Ebenfalls im Zuge des Karnevals fliegt jedes Jahr ein Engel durch Venedig. Die Stadt ist berühmt für ihren Karneval und lässt es an Traditionen nicht mangeln. So eben auch der Flug des Engels. Die Tradition geht auf eine akrobatische Einlage aus dem 16. Jahrhundert zurück. Ein Artist lief auf einem gespannten Seil vom Kanalufer am Sankt-Markus-Platz zum Dogenpalast.
Seit es im 18. Jahrhundert zu einem verheerenden Unglück kam, bei dem der Seilartist stürzte und tödlich verunglückte, war der Flug des Engels als Auftakt zum berühmten Karneval von Venedig lange Zeit verboten. Unter besseren Sicherheitsvorkehrungen wurde diese Tradition wieder neu belebt. Einschließlich einiger Änderungen.
Der fliegende Engel ist seither die Gewinnerin des Kostümwettbewerbs vom Vorjahr. Sie wird für dieses artistische Spektakel in ein aufwändiges Kostüm gesteckt und in einer entsprechenden Vorrichtung vom Glockenturm auf der Piazza San Marco über die Köpfe der Karnevalisten hinweg "fliegen" gelassen.
Es gibt eine Vielzahl spannender, absurder, ungewöhnlicher, witziger und eigentümlicher Traditionen in Italien. Jede einzelne davon regt mindestens zum Schmunzeln, wenn nicht gar zum Besuch an.
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