Nachhaltige Möbel: Inneneinrichtung für grüne Individualisten

Nachhaltig produzierte Möbel schmücken immer noch viel zu selten deutsche Wohnräume. Ähnlich wie bei Essgewohnheiten so auch beim Mobiliar dominiert das preisgetriebene Konsumverhalten, flankiert von einem starkem Bedürfnis nach Uniformität. Schwedische Möbelhäuser und andere Interior-Giganten haben die Menschen zu gefügigen Traumkunden erzogen: Massentaugliches Design und niedrige Preise erlauben einen häufigen Wechsel der Einrichtung - je nach Laune und kurzlebigen, durch aggressive Werbung diktierten Trends.
Dabei garantieren Öko-Möbel nicht nur ein gesundes Raumklima. Sie schonen natürliche Ressourcen, vermeiden soziale Ausbeutung und bieten wunderschöne, langlebige Begleiter für gemütliche bis hippe, aber immer individuelle Räume.

Regional oder Recycling

Wer nachhaltige Möbel kaufen will, kann natürlich auf Second-Hand setzen und über Flohmärkte streifen. Gute Öko-Möbel findest du sonst bei kleinen Manufakturen, die Holz lokaler Wälder verwenden und vor Ort produzieren oder aber zum Re- und Upcycling greifen. Upcycling-Möbelbauer bedienen sich entweder alter Möbel-Elemente und anderer Einrichtungsgegenstände, die sie miteinander zu neuen Möbelstücken kombinieren, oder aber sie verwenden Altholz, wie Bohlen, Bretter und Balken, um einzigartige Unikate zu kreieren. Wenn dich nachhaltige Materialien beim Möbel reizen, tauche mit uns in die Welt des Öko-Mobiliars bei:

  • Kiezbett“, dem sozial-ökologisch-regionalem Möbelprojekt aus Berlin,
  • Knapp“, den historischen Baustoffen aus Niedersachsen,
  • Das Stückwerk“, dem Upcycling-Konzept made in Aachen.

"Kiezbett": Für den Schlaf des Gerechten

Das Berliner Start-Up Kiezbett will beim Schlafen die Welt verändern. Aus seiner Schmiede stammt die Idee eines Bettes, das gleichermaßen sozial, ökologisch und regional produziert wird und bezahlbar bleibt. Seit dem erfolgreich finanzierten Crowdfunding-Projekt im Mai 2016 stellt das kleine Team um den Gründer Steve Döschner Massivholzbetten aus märkischer Kiefer her. Genauer gesagt: Es lässt herstellen.

„Kiefer ist die häufigste Baumart der Region“, erklärt der Geschäftsführer und studierte Forstingenieur die Wahl des Rohstoffs für seine nachhaltig produzierten Möbel. „Wir verwenden das Holz aus der Stammmitte, das beinahe astfrei ist und ein besonderes Wuchsbild bietet“. Die Kiezbetten entstehen aus reifem, etwa 125 Jahre altem Kiefernholz und werden in Förderwerkstatten gebaut. Damit kein Verpackungsmüll entsteht, werden die vormontierten Bettteile in wiederverwendbaren Säcken geliefert: Nach der Auspackung nimmt der Lieferant die Stofftragetaschen wieder mit. Kartons, Styropor oder Plastik fehlen gänzlich.

Seit dem Start der Produktion freuen sich bereits 350 Kunden über die gerechten Betten.  Für jedes nach Berlin verkaufte Kiezbett pflanzt das Team vier junge Bäume nach. Verlässt ein Kiezbett den Berliner Raum, werden gleich zehn junge Bäume nachgepflanzt. Ein Teil der Erlöse fließt in kleine Naturschutz- und Sozialprojekte. Das sozial-ökologische Konzept der Öko-Möbel scheint aufzugehen: Demnächst wächst das Sortiment um ein neues, platzsparendes Modell. „Wir passen uns der aktuellen Wohnsituation an. Es gibt weniger Fläche, der Stauraum ist wichtig“, erklärt Steve Döschner. Ob schmal oder großzügig – mit so viel gutem Gewissen muss der Schlaf auf einem Kiezbett besonders erholsam sein.
Info: www.kiezbett.com

Knapp: Historische Eiche für besondere Räume

Schaut man sich auf der Webseite von knapp-online um, springen dem Besucher majestätische, fast schon überwältigende Mengen von altem Eichenholz ins Auge. Bohlen, Bretter und Balken mit Patina und in unterschiedlichen Grau- und Brauntönen.  Nachhaltige Möbel made by Knapp haben meist eine lange Vergangenheit. Ob ein Tisch aus alten Holzbohlen und Rohstahlgestell, eine Konsole aus historischen Brettern oder eine einfache Konstruktion aus Stahl, Seilen und Holz als Teppe - das antike Eichenholz bekommt bei Thomas Knapp nicht nur eine zweite Chance. Es wird zu wunderschönen Unikaten verarbeitet, die die Leichtigkeit eines minimalistischen Designs mit der Schwere des geschichtsträchtigen Eichenholzes verbindet.

Knapps Kreationen sind oft universell: Ein Möbelstück aus seiner Werkstatt lässt sich als Ess-, Schreib- oder Couchstisch verwenden. Der Stil der niedersächsischen Öko-Möbel ist ebenfalls chamäleonartig: Es passt in ein Landhaus, ein City-Loft oder als Eyecatcher in eine unscheinbare Stadtwohnung. Doch eins sind die nachhaltig produzierten Möbel sicher nicht: langweilig.
Der Firmengründer störte sich schon früh an Verschwendung und Verbrauchswahnsinn. Die ersten Deals mit alten Dachplatten und Balken zur Restauration kamen bereits vor 30 Jahren zustande. Aus dieser Überzeugung heraus hat sich das nachhaltige Konzept der historischen Baustoffe entwickelt. „Wir können Holz liefern, um ein ganzes Haus auszustatten, oder nur ein einziges Stück Altholz, um ein Zimmer zu verschönern“, erklärt ein Mitarbeiter der Firma, Paul Rahrig. „In Sachen Eiche können wir alle Anfragen bedienen: vom rohen Balken über Bretter, Leimholzplatten und Fußbodendielen bis hin zu Möbeln.“ Wer ungeduldig ist, kann unter sofortkaufladen.de fertige Möbelstücke oder lose Bretter erwerben.
Info: www.knapp-online.de

Stückwert: Papier macht Altmöbel zu Kunstwerken

„Das Stückwerk“ ist eine kleine Aachener Manufaktur, die sich auf die Rettung ausrangierter Möbelstücke spezialisiert hat. Ihre Gründerin Catrin Tihon macht das mit... Papier. Alte Nachtschränke, Kommoden und Nähtische, die oft unter fehlendem Charisma leiden, bekommen in Catrins Werkstatt ein neues Bildkleid und werden zu kunstvoll-kreativen Öko-Möbeln.

Erst schleift die Ideengeberin die Holzoberflächen ab und versiegelt sie mit einer farbigen Schicht aus mattem, wasserlöslichem Acryllack. Nachdem sie die nötige Vorarbeit geleistet hat, darf sie sich kreativ verwirklichen: Eine Collage aus Kunstdrucken, Musterpapieren, alten Buchseiten, Tapeten oder Notenblättern, mit einer Kleistermischung aufgetragen, macht die alten Möbel zu einzigartigen Lieblingsstücken. Nach der Trocknung schützt eine dreifache Klarlackschicht die praktischerweise feucht abwaschbare Oberfläche. „Das Stückwerk“ haucht nicht nur alten, ausdruckslosen Möbeln ein neues, aufregendes Leben ein – die nachhaltig arbeitende Manufaktur rettet ebenfalls alte Papierfetzen, Tapetenfragmente und längst vergessene Buchseiten vor dem Nirwana.
Info: www.das-stueckwerk.de

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